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Kein Schutzschirm für Zahnarztpraxen

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Symbolfoto: KZV Hessen

Politik verweigert dringend benötigte Hilfe in der Corona-Krise

Berlin, 4. Mai 2020. Das Bundesministerium für Gesundheit hat die COVID-19-Versorgungsstrukturen-Schutzverordnung (COVID-19-VSt-SchutzV) erlassen. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) kritisiert, dass damit die massiven negativen Auswirkungen der Corona-Krise für die vertragszahnärztliche Versorgung in Deutschland nicht abgefedert werden und die Verordnung nicht zur Sicherstellung einer flächendeckenden zahnärztlichen Versorgung beiträgt. Die Regelung sieht – im Gegensatz zum ursprünglichen Entwurf – nur noch Liquiditätshilfen vor, die vollständig zurückgezahlt werden müssen.

Dr. Wolfgang Eßer, Vorsitzender des Vorstandes der KZBV: „Von einem Schutzschirm kann keine Rede sein, wenn uns lediglich ein Kredit gewährt wird, der in den nächsten zwei Jahren mit viel Bürokratieaufwand vollständig zurückgezahlt werden muss. Damit wird die Krise für die zahnärztlichen Praxen nur verlängert. Hingegen wird die Mitverantwortung der Krankenkassen für die Sicherstellung funktionierender, zahnärztlicher Versorgungsstrukturen durch die Verordnung negiert. Krankenkassen profitieren gleich in doppelter Weise: Zum einen durch die krisenbedingten Einsparungen im Jahr 2020, zum anderen können sie in den Folgejahren die vorgegebenen Rückerstattungen auf der Haben-Seite verbuchen. Der Erhalt einer hervorragend funktionierenden flächendeckenden und wohnortnahen zahnärztlichen Versorgung scheint für die Politik offensichtlich ohne Bedeutung zu sein.

Ich befürchte, dass es zu erheblichen Substanzverlusten in der vertragszahnärztlichen Versorgung kommen wird. Eine 100%ige Rückzahlungsverpflichtung trifft insbesondere junge Praxen und Praxen in strukturschwachen, ländlichen Regionen. Unser verantwortungsbewusstes Handeln zur Minimierung von Infektionsrisiken einerseits und die Angst vor Infektionen auf Patientenseite andererseits führen zu stark gesunkenen Patientenzahlen und finanziellen Schwierigkeiten und Existenznöten bei den Praxen. Die Praxiskosten laufen permanent weiter.

Neben den negativen Auswirkungen auf die Patientenversorgung droht der Verlust von Arbeitsplätzen vor Ort. Zusammen mit den Praxisinhabern sind deutschlandweit etwa 365.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Zahnarztpraxen tätig, davon rund 32.000 Auszubildende. Berücksichtigt man zusätzlich Arbeitsplätze in gewerblichen Laboren, im Dentalhandel und in der Industrie, so geht es um knapp eine halbe Million Arbeitsplätze in Deutschland.

Die Zahnärztinnen und Zahnärzte und ihre Praxisteams haben vom ersten Tag der Epidemie an die Versorgung der Menschen aufrechterhalten. Wir haben – praktisch aus dem Stand – ein bundesweit flächendeckendes Netz von Behandlungszentren in 30 Kliniken und 170 zahnärztlichen Schwerpunktpraxen für die Akut- und Notfallversorgung von Patientinnen und Patienten aufgebaut, die mit dem SARS-CoV-2-Virus infiziert sind oder als Verdachtsfall unter Quarantäne gestellt wurden. Daneben gewährleisten wir mit besonders hohen Hygienestandards in den Praxen maximalen Schutz vor Ansteckungen.

Die weltweit als beispielhaft anerkannte zahnärztliche Versorgung in Deutschland mit einem flächendeckenden und wohnortnahen Praxisnetz sowie herausragenden Ergebnissen bei der Mundgesundheit wird durch die Verweigerung echter Unterstützung akut gefährdet.“
 

Mit seinem Statement anlässlich eines Pressegesprächs zur COVID-19-Versorgungsstrukturen-Schutzverordnung brachte Dr. Wolfgang Eßer, Vorsitzender des Vorstandes der KZBV, die Fassungslosigkeit der Zahnärzteschaft über den Verordnungsinhalt zum Ausdruck: „Mit dieser Verordnung erfahren die Zahnärzte mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Vergleich zu den Ärzten und selbst zu Heilmittelversorgern eine nicht nachvollziehbare Ungleichbehandlung und Herabwürdigung“, heißt es dort.

Sowohl im Verfahren zum COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz, in dem die Zahnärzteschaft ebenfalls nicht berücksichtigt wurde, als auch im aktuellen Verordnungsverfahren habe die KZBV mit umfangreichem Zahlenmaterial, Berechnungen und schlüssigen Argumenten die dringende Notwendigkeit eines Schutzschirms zur Sicherstellung der vertragszahnärztlichen Versorgung in Zeiten der Corona-Krise dargelegt.

Für die nächsten Tage und Wochen kündigte Dr. Wolfgang Eßer an, die KZBV werde die Verordnung gemeinsam mit den KZVen analysieren und auf eine eindeutige Klarstellung durch die Bundesagentur für Arbeit hinwirken, dass Zahnärztinnen und Zahnärzte für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Anspruch auf Kurzarbeitergeld haben. Zudem werde man die 28-tägige Erklärungsfrist nutzen, die die Verordnung hinsichtlich Annahme oder Ablehnung der Liquiditätshilfe vorsieht, um weitere Erkenntnisse über den Verlauf der Pandemie und die wirtschaftlichen Konsequenzen für den Berufsstand in diese Entscheidung mit einfließen zu lassen.

Das vollständige Statement ist auf der Website der KZBV abrufbar.

 

Kai Fortelka (KZBV), Leiter Abteilung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Tel.: 030 280 179 27, E-Mail: presse@kzbv.de

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